28.11.-30.11.
Wir beschließen, doch nochmal in die Mitte zu fahren, vielleicht ist uns das Wetter ja hold und wir kriegen den Mt Anne Circuit hin. Jedenfalls schaut's gut aus, wir fahren vorbei am Mt Field NP zu Lake Pedder. Lake Pedder ist einer der unglaublich vielen Stauseen Tasmaniens, und der größte Wasservorrat in ganz Australien (zusammen mit Lake Gordon, die beiden Seen gehören zusammen). Nur um mal eine große Vorstellung der Wassermassen zu haben: Das gesamte Wasser aus Port Jackson (Sydney Harbour) passt 17 mal da rein... Die Bevölkerung war damals massiv gegen den Stausee, aber das hat nix geholfen. Auf dem Weg dorthin haben wir uns in Richmond die zweite "schönste" Brücke Tasmaniens angeschaut (Nummer eins war die Ross Bridge) - mir gefällt die Ross Bridge besser. Aber wir haben in einer Bäckerei sehr lecker gefrühstückt, im Hinterhofgarten und auch einen "Kuchen" (so eine Art Bienenstich), einen Kakao und eine Zeitung mitgenommen. Mit Blick auf ein recht beeindruckendes Gipfel-Panorama versuchen wir, dem Kuchen halbwegs elegant beizukommen und ausserdem das Wetterorakel in der Zeitung zu finden. Hm, regnen soll's halt, wie immer. Aber es scheint wärmer zu werden, obwohl, so sicher kann man sich da ja nie sein. Ach, was soll's, schauen wir halt zum Parkplatz. Auf dem Weg dorthin kommen wir am "Creepy Crawly Nature Trail" vorbei - den will ich auf dem Rückweg noch machen!!!
Am Parkplatz sind wir immer noch unschlüssig. Der erste Teil der Tour ist nicht lang, und obwohl es schon nach 16h ist, können wir das locker machen. Aber wenn wir da übernachten, dann legen wir uns fest auf die 3-Tage-Tour; alternativ könnte man auch 2 1-Tages-Touren vom jeweiligen Ende aus machen und sich das Mittelstück sparen. Aber das ist ja was für Feiglinge, also packen wir den Rucksack und steigen doch noch auf. Natürlich mal wieder Treppen hoch. Dabei bietet die Natur so eine schöne Alternative an... :-/ Wie kann man so stur sein und der Natur den Willen so aufzwingen? Normal würd mich sowas ja nicht wundern, schließlich geht's heut oft um "möglichst schnell". Aber beim Wandern? Im Urlaub? IN AUSTRALIEN?!?!?!?!? Und: Ist der direkte Weg/ die offensichtliche Lösung immer das Beste und Richtige?
Der Blick zurück zum Lake Pedder ist recht schön, und als wir am High Camp ankommen beginnt gerade der Sonnenuntergang.
Nach dem Abendessen wollen wir noch ein bisschen Sterne schauen, aber zuerst sehen wir, wie sich die Wolken direkt über den Berg schieben:
Hier gäbe es sogar eine richtige Hütte, mit Übernachtungsmöglichkeit. Aber da drin stinkt's, rauchen ist erlaubt, und der alte Kamin hat wohl auch nie richtig gezogen. Naja, wenn's wirklich richtig kalt werden sollte, wissen wir jedenfalls, wohin wir auswandern können. Allerdings find ich die Warnung vor Mäusen, die Rucksäcke durchknabbern, nicht besonders einladend.
Mitten in der Nacht knabbert's auch an unseren Rucksäcken, aber immerhin haben sich die Viecher immer wieder recht schnell vertreiben lassen.
Es hat nicht geregnet, aber es war doch ganz schön kalt, deswegen ist das Zelt - wie immer - naß. Naja, erstmal frühstücken. Nach dem Frühstück steigen wir auf ein Hochplateau auf, auf dem man wohl eigentlich auch hätte übernachten können. Der Aufstieg ist dann doch eher schon klettern, über größere Gesteinsbrocken. Hmmm, ob der Autor des Tourenführers die Tour überhaupt gemacht hat? Das wird nämlich einfach schon mal gar nicht erwähnt... Und auf dem Hochplateau übernachten? Naja, wenn man Sumpf mag, geht das vielleicht schon. Leider haben wir keine Aussicht, die Wolken von gestern Abend sind immer noch da, und ziemlich windig ist es auch. Aber immerhin gibt's wieder Cushionplants, diesmal mit anderen Pflanzen, schaut recht lustig aus. :-D
Es geht über's Hochplateau zum nächsten Camp am Aufstieg zu Mt Anne - die Entscheidung, ob wir da raufklettern (laut Tourbeschreibung ziemlich fies) oder nicht, nimmt uns das Wetter ab: alles in dicken Wolken. Und wir wissen, dass wir eh noch genug klettern dürfen, also was soll's. Wir treffen unterwegs zwei Männer, die am Shelf Camp (am Abzweig zu Mt Anne) übernachtet haben: die wollten direkt wieder runter zum Parkplatz... Kein Wunder: Sie hatten nur kurze Hosen und Turnschuhe dabei...!!! Warum steht eigentlich unten noch explizit die Warnung, dass es da oben auch im Hochsommer schneien kann??? Und wer meint überhaupt, dass das mitten in den Bergen ein guter Plan ist??? Die beiden haben richtig rote Beine (weil der Wind halt noch erst recht kalt war), und der eine hat die Knie großflächig aufgeschlagen. Ich dachte, dass man dem vielleicht ein Pflaster geben könnte, aber auf meine Frage meinte er nur, dass sei halt sein 4-Wheel-Drive... Jedem das seine, und wer nicht will, hat wohl schon. Am Shelf Camp treffen wir noch zwei Jungs mit Sandalen (!!! zwar so Wandersandalen, aber trotzdem), die auch vor dem Wetter zuviel Respekt haben, und absteigen wollen - wir sind die einzigen, die die Tour durchgehen. Wir sehen den weiteren Weg schon von weitem: um "The Notch" ("Die Scharte") und über "Lot" (Lot's Wife haben wir erst später gesehen). Zu "The Notch" geht's wieder über Felsbrocken, und dann kommen wir an die Stelle, wo in der Tourenbeschreibung steht "Some parties may need to lower packs to negotiate this section." Hm, dank Andreas komm ich da fast problemlos runter, wenn das Stellen sind, vor denen gewarnt wird, dann ist die Tour schon ok. Ein zweiter Abstieg in einem Kamin ist auch nicht tragisch - der Tourenführer warnt, dass man die Rucksäcke abseilen sollte. Und danach wird im Tourenführer nichts weiter erwähnt. Super, denk ich mir, dann hab ich's ja jetzt geschafft, hat eigentlich Spaß gemacht. Andreas will noch ein Foto machen von "Da geht's wieder hoch" ein paar Meter weiter. Irgendwie hab ich noch die Illusion, dass der Weg da irgendwie anders weitergeht, schaut nämlich nicht besonders einfach aus. Und irgendeine Art von Seil, Stufen aus Metall oder so seh ich auch nicht... Aber natürlich hat mein Schatz recht. Die erste Hälfte schaff ich auch, aber dann sitz ich fest, und weiss nicht wirklich, wie ich da hoch kommen soll. :-( Also erstmal ausweichen, Andreas darf vormachen, ich versuche dann, das nachzumachen. 2cm längere Beine sind da ganz schön hilfreich, das ist unfair! Aber immerhin komm ich einen Schritt weiter - hab zum Glück eh keine Zeit drüber nachzudenken, dass es da schon ein paar ungemütliche Meter abwärts geht... Tja, und dann ist wieder Ende. Das allerletzte Stück ist einfach eine Kante, etwa Schulterhöhe. Klimmzüge wären jetzt eine Lösung, weil man den dicken Bergschuh leider nirgendwo unterbringt. :-( Andreas schafft es dann doch nach oben, mein Rucksack auch. Nur ich nicht. :-( *Hmpf* Zurück geht aber auch nicht wirklich, und will ich auch nicht. Am Ende zieht Andreas mich an Hand und Kragen nach oben, bis ich eine Spalte zum Festhalten finde, und den Rest dann selber schaffe - ganz schön unprofessionell und frustrierend. Dann klettern wir noch über ein paar Felsbrocken-Felder und leider über ziemlich viel "Wiese", wo man sich halt nur an Pflanzen festhalten kann. Der Abstieg über den Grat ist danach nicht mehr so schlimm, man muss eben alles aus der richtigen Perspektive sehen. ;-) Kaum ist die ganze Kletterei vorbei, landen wir mitten im Bush/ Urwald aus Pandanis. Der ganze Boden ist moosig, aber auch wenn man ausrutscht: Erstens landet man weich (Moos) und nicht besonders weit (zuviel Bäume) und zweitens kann man wegen der ganzen Bäume überhaupt kaum hinfallen. Wir bleiben mit den Rucksäcken ziemlich oft hängen, aber ich find diesen Teil der Tour so im Rückblick den schönsten und lustigsten. Von oben haben wir Lake Judd und Lake Picone gesehen, letzterer ist das Tagesziel. Vorher müssen wir noch durch ein sumpfiges Gebiet, aber das paßt schon, man gewöhnt sich an alles. *g*
Wir haben jeweils eine Portion Maggi "Sweet Chili" und "Tomato" Nudeln dabei (wir hatten zwei Tüten Nudeln - eine als normale Ration für den zweiten Tag und eine als Notfallration - aber vielleicht hätten wir vorher lesen sollen, wieviel Portionen das wohl sind...), die wir dann kreativ gemischt haben. ;-) Andreas fand das wohl irgendwie nicht so gut, jedenfalls hat er erstmal den Topf von sich geworfen und die Landschaft, das Zelt und mich dabei neu dekoriert:
Er behauptet bis heute, dass das alles nur an dem Topfhalter lag, der angeblich mit dem Gewicht überfordert war... ;-) Die Nacht ist ruhig, es regnet ein bisschen, aber keine Besucher im Vorzelt.
Am nächsten Morgen regnet es immer noch (allerdings alles so wenig, dass die Nudeln immer noch am Zelt hängen) und ist nebelig. Wir machen uns an den letzten Teil der Tour, laut Karte 200 Meter hoch und dann mehr oder minder immer bergab, nochmal durch so Urwald wie gestern und dann durch Sumpf. Der Weg ist nicht besonders gut markiert, und deswegen machen wir bei erster Gelegenheit eine kleinen Roundtrip durch den Sumpf, zum Glück kommt uns das alles nicht ganz geheuer vor und beim Blick zurück sehen wir dann doch, wo der Weg wirklich weitergeht. Beim Abzweig zu Mt Sarah Jane machen wir kurz Pause, aber für richtig Mittag ist es noch zu früh und ausserdem regnet's schon wieder. Im Tourenführer stehen für heute so ermunternde Formulierungen wie: "You'll need to be careful to stay on the track, ..." "Towards the bottom of the descent the situation becomes worse, ..." "From the junction ... conditions don't improve for considerable distance." Momentan schaut der Track aber gar nicht schrecklich aus! Einer von Andreas Stöcken bricht leider kurz vor Beginn des Urwalds, aber immerhin ist es eh der letzte Tag der Tour. Gutgelaunt gehen wir in den Urwald, erwarten ähnliches wie gestern. Und werden schnell eines besseren belehrt: der Tourenführer hat doch recht. Hier kann man wirklich nicht mehr umfallen vor lauter Büschen und Bäumen. Der Track folgt einem kleinen Bachlauf - wer allerdings bei klarem Verstand auf die Idee kommt, das überhaupt einen "Track" zu nennen, der hat schon eine echt spezielle Art von Humor. Wir wissen eigentlich nur, dass wir auf dem richtigen Weg sind, weil immer mal wieder grüne Fetzen am Boden liegen: Offensichtlich hat jemand seine Isomatte aussen am Rucksack befestigt und die beim Schrammen an Bäumen zerlegt. Und ab und zu sind blaue Bänder in die Bäume geflochten. Aber wir fluchen vor uns hin und bereuen zutiefst, keine Machete zu haben. Weiter unten wird dann, wie angekündigt, die Situation nicht besser: es wird zusätzlich sumpfig. Irgendwann steht bei uns beiden das Wasser in den Schuhen - man kann eben dank der Bäume nicht immer vermeiden, knöchel- oder knietief im Sumpf oder Bach zu stehen. Nimmt dieser Urwald denn nie ein Ende???!?!?!?! Doch, natürlich. Immerhin ist das Wetter nett, bewölkt mit ab und zu ein bisschen Nieselregen - Sonne wär im Sumpf unerträglich gewesen, ohne Schatten. Wir hüpfen ein bisschen von Insel zu Insel und suchen eine Gelegenheit für eine Mittagspause, aber es ist einfach zu nass. Den ganzen Nachmittag hüpfen wir weiter, ich lande ein paar Mal recht spektakulär im Sumpf. ;-) Die Hosen erweisen sich als gute Anschaffung: Nach dem Urwald waren wir patschnass, inzwischen sind sie größtenteils wieder trocken, nur ganz unten haben sie keine Chance, wir liefern immer wieder Wasser aus den Schuhen nach. *g* Unser "Weg" mündet in die zweite 1-Tages-Tour, die wir hätten machen können, und danach wird der Weg minimal besser. Manchmal jedenfalls. Aber trotzdem nicht trocken genug für eine Mittagspause. Wir fragen uns, wer eigentlich den Circuit jemals von dieser Seite aus geht (wir hätten das abgebrochen) und wer überhaupt da zum Lake Judd hinter geht. Ausser offensichtlich jeder Menge Wombats. Kurz vor Ende gibt's dann mal wieder Boardwalk, und aus dem im Tourenführer beschriebenen "Cable Crossing" ist inzwischen eine richtige Brücke geworden. Wir hoffen, dass wir am Ende der Tour jemanden finden, der einen von uns zu unserem Auto am anderen Parkplatz etwa 8km entfernt bringt, aber die Wolken und der Nieselregen sind meiner Ansicht nach keine gute Basis für diesen Plan... Und prompt ist der Parkplatz leer. Naja, wir machen trotzdem endlich Pause, bzw High Tea (16h). Und dann gehen wir halt an der Straße lang zum Auto. Die Hosen werden immer trockener, nur an meinem linken Schienbein bleibt die Hose konsequent nass. Komisch. Ich zieh das Hosenbein hoch und sehe, dass da Blut runterläuft, hm, hab ich mir wohl im Urwald das eh aufgeschürfte Schienbein wieder aufgeschlagen. Aber das Bein ist so dreckig, und wir haben grad nichts zum Reinigen da, deswegen mag ich da nichts dran machen. Ausserdem seh ich da einen größeren Klumpen aus geronnenem Blut, das wird schon helfen. Einen Kilometer weiter ist uns dann doch langsam warm, und wenn wir eh schon stehen um die Pullis auszuziehen, kann man da ja doch ein Pflaster drüberkleben. Und so schau ich da zum ersten Mal genauer auf den "Tropfen". IEEEEEHHHHH! Das ist ein Blutegel! Fast vollgesaugt!!!! ARGH! So schön hab ich schon lang nicht mehr geschrien, das ist aber auch eklig. Mein edler Retter wollte dem Tierchen dann gleich mit dem Taschenmesser zu Leibe rücken, aber das war mir dann doch ungeheuer. Also erstmal Pullis ausziehen, und dann weiterschauen.
Und dann kam natürlich endlich ein Auto in die richtige Richtung vorbei. Zwei Jungs aus QLD, hilfreich. Der eine wollte mir irgendwas giftiges auf den Egel tun, aber da ich da ja schon vorher eine Wunde hatte, wollte ich das nicht. Mir war dann auch eh klar, dass der Egel sich bald von allein verabschiedet, der war schon ganz schön dick. Jedenfalls haben sie Andreas mitgenommen, und ich hab versucht, mich gegen die Mücken zu verteidigen, ohne dabei den Egel aus den Augen zu verlieren. Der hat dann auch brav losgelassen - und ist in meinen Schuh vorne reingefallen. IEEEEHHHH. Naja, Egel ausgewandert und etwas beobachtet. Lustige Tierchen, so gesehen. Nach ein paar Minuten war hat mein Hirn sich wieder beruhigt, und mir kam die Idee, doch mal zu schauen, ob da nicht noch andere blinde Passagiere aus dem Sumpf mitgekommen sind. An dem Bein wohl nicht... Mal das andere Hosenbein hochziehen... IEEEEHHHH, natürlich findet sich Nummer 2. Aber der war noch ganz frisch, und wär sicher nicht von allein gegangen. Etwas ruhiger als beim ersten schau ich mir das mal in Ruhe an. Die Queensländer hatten auch gesagt, man kann die Tierchen einfach wegziehen - nur anfassen mag ich ihn dann nicht. Hm, also so ein bisschen mit einem Stock dran hingepiekst, aber das hat ihn nicht gestört. Und da kam Andreas eh schon mit unserem eigenen Auto zurück - und auch bei ihm hat nach der ersten Hektik das Hirn wieder besser funktioniert: Salz auf den Egel - und schwupps, weg ist er. :-D
Jedenfalls fand ich das genug Creepy Crawly Nature und wollte den Track dann nicht mehr machen. ;-) Wieder was gelernt: 20 Minuten Spaziergänge sollte man am Besten gleich machen!
Nach dem Tag im Sumpf wollte ich nichts lieber als eine heisse Dusche, deswegen sind wir noch bis hinter Hobart, genau genommen nach Cambridge, gefahren. Lecker Pizza gab's da auch. :-D
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